Weiterführende-Einblicke-Unterrichtskonzept

Weiterführende Einblicke in das Unterrichtskonzept
+++Der sängerische Raum+++

Die in dem kurzen Einblick in das Unterrichtskonzept erwähnte Selbstwahrnemung nennt man auch Propriozeption. Neben der Rabine Methode eröffnet unter anderem die Schlaffhorst Anderesen Methode eine Fülle von Übungen, um über die unterschiedlichen Spannungsverhältnisse im Körper (Tonus = Spannung) die Propriozeption zu sensibilisieren. Weiterhin spielt die Art der körperlichen Aufrichtung eine signifikante Rolle. Darüber hinaus ist die Atmung und die Wahrnehmung der unterschiedlichen Atmungsqualitäten von großer Bedeutung. Auch hierfür wird die Wahrnehmung mit Übungen aus sowohl der Rabine als auch der Schlaffhorst Andersen Methode sensibilisiert. In der Rabine Methode wird die Relevanz der Koordination und Reihenfolge der einzelnen Elemente für den Vorgang des Singens sehr veranschaulichend praktizierbar gemacht.

Weiterhin steht in der Rabine Methode vor allen Dingen die sängerische Stimmfunktion im Fokus. Um diese zu entfalten, ist eine Raumwahrnehmung entscheidend. Oberhalb des Stimmmuskels bis zu den Lippen gestalten wir einen Raum, den wir Vokaltrakt nennen. Je nachdem, wie eine Sängerin/ ein Sänger diesen Raum bzw. Vokaltrakt gestaltet, resoniert er mehr oder weniger, entsteht ein voller oder weniger voller Klang. Da diese Raumwahrnehmung im Vokaltrakt aber ein sehr hohes Maß an Propriozeption voraussetzt, wird zu Beginn an der Peripherie des Körpers gearbeitet, also u.a. an der oberen und unteren Extremität (Arme und Beine) und der Rumpfmuskulatur (Bauch - abdomen, Brustkorb - thorax und Rücken - dorsum), da das leichter spürbar ist. Im Verlauf der sängerischen Entwicklung wird die Propriozeption immer differenzierter, so dass die Sängerin/ der Sänger fähig ist, die Stimmschwingung in ihren Regelfunktionen direkt – in ihrer medialen Kompression - mittige Stimmlippenschließung, in ihrer Lautstärkegestaltung und Tonhöhenregelung – und die verschiedenen Schwingungen darüber im Vokaltrakt zu unterscheiden.

Wenn diese Wahrnehmungsfähigkeit so weit ausgebildet ist, fängt auch das Prinzip der Einflussnahme an, sich umzukehren. Reagiert zu Beginn noch die Stimme auf alle Einflüsse der Peripherie, steuert sie im Gegenzug bei einer hoch entwickelten sängerischen Funktion die Vorgänge im Körper, was die Atmung, den Körpertonus und die Aufrichtung anbetrifft. Damit die Stimmfunktion sich vollständig entfalten kann, ist die Gestaltung des Vokaltrakts in Bezug auf seine Größe von entscheidender Bedeutung. Die Stimme ist im Kehlkopf horizontal aufgespannt. Je nachdem, ob der Kehlkopf hoch oder tief hängt, kann die Stimme mehr oder weniger flexibel schwingen.  Je tiefer der Kehlkopf in seinem  sogenannten Einhängemechanismus hängt, um so länger wird der Vokaltrakt. Also gilt vereinfacht gesagt: “Je tiefer desto besser”.

Um diese Raumwahrnehmung im Vokaltrakt zu erfahren, ist eine dreidimensionale Wahrnehmung in der Körperaufrichtung unerlässlich. Die oft vernachlässigte Rückseite des Körpers wird mehr in den Fokus gebracht. Auch die laterale Ebene (seitliche Ebenen des Körpers) wird in verschiedenen Übungen erlebbar gemacht, so dass am Ende die Dreidimensionalität zwischen dorsaler (Rückenseite), frontaler und lateraler Ebene insgesamt erfahren werden kann. Diese Dreidimensionalität in der Aufrichtung kann sich dann in die dreidimensionale Raumwahrnehmung im Vokaltrakt, dem Resonanzkörper für die Stimme übertragen und die Sängerin/ der Sänger wird befähigt, diesen Resonanzraum fein und differenziert zu gestalten, je nachdem, welche Funktion sie/ er wecken möchte bzw. musikalisch in welchem stilistischen Kontext sie/ er sich dann bewegt.

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